Zeitgemäße Bildung / Digitale Bildung
Ich freue mich, mal an einer Blogparade teilzunehmen =) Der Aufruf dazu ist hier zu sehen.
Für den Begriff „Digitale Bildung“ muss man sich oft ja schon fast entschuldigen. Denn mit diesem Begriff geht die Annahme einher, dass mit Digitalisierung oft nur „Technisierung“ gemeint ist. Und tatsächlich dürfte das nach wie vor eines der großen Probleme sein, wenn es um das Thema in Schulen geht: Es werden Whiteboards oder Beamer angeschafft, die Lehrer zeigen nun YouTube-Videos und viele Schulteile denken, dass damit der Sprung geschafft ist. Wer meine Arbeit verfolgt, weiß natürlich, dass ich den Begriff „Digitale Bildung“ analog zu „Zeitgemäßer Bildung“ verwende: Leben in einer Welt, in der die Grenzen zwischen analog und digital immer mehr verschwimmen und sich schließlich auflösen.
Von Noten, Notenmanagern und Bürokratie
Die Olympianorm für den 100 m Sprint beträgt zur Zeit 10,05 s. Ein Sprinter schafft nun in einem Wettkampf locker die Zeit in 9,9 s, doch oh Schreck: Er darf nicht bei Olympia starten.
Begründung: Er ist in einem vorherigen Lauf die 100 m in 10,3 s gelaufen. So wird der Durchschnitt gebildet und er hat durchschnittlich 10,1 s für die 100 m gebraucht. Leider nicht geschafft.
Das ist unvorstellbar? Naja Schulnoten funktionieren leider (meistens) genau nach dem Prinzip. Im Fach Sport werden Noten auf Schimmen, Ausdauer, Leichtathletik gegeben, die mit ausreichend Training defintiv verbessert werden könnten. Dies hängt aber stark von der Lehrkraft ab: Gibt Sie den Schülern Zeit, ihre Leistungen zu verbessern? Wenn Nein Pech gehabt. Wenn ja, haben die Schüler manchmal ein oder zwei Wochen Zeit die Note auszuradieren. Doch spätestens, wenn diese Note im System ist, kann sie nur noch schwer geändert werden.
Das System ist in Bayern z.B. der Notenmanager. Hier werden die Noten spätestens zum Halbjahr gesperrt und ein nachträgliche Änderung ist nicht vorgesehen. Der Schüler kann so seine Note nur noch verbessern, indem er, wie im Beispiel oben, eine zweite Note macht (sofern der Lehrer das erlaubt) und so den Schnitt verbessern. Die erste Note bleibt für das Schuljahr aber einfach weiter bestehen. Der Anreiz sich verbessern zu wollen sinkt dadurch natürlich.
Lebenslanges Lernen und Spiele
Dieses Beispiel aus dem Sportunterricht verdeutlicht (hoffentlich) ein Problem, das alle Fächer und das Schulsystem im allgemeinen betrifft: Die Möglichkeit zur Verbesserung in einzelnen Teilbereichen fehlt völlig. Mit einer Probe ist das Thema (besonders in Nebenfächern) oft abgeschlossen. Wenn sich der Schüler jetzt noch verbessern würde, hat dies keinen Einfluss mehr auf seine Note. Das nächste Thema steht nämlich schon an.
Daraus folgen zwei Sachen:
1. Den Schülern wird jegliche Motivation genommen, sich in einzelnen Themen weiter einzuarbeiten, zu verbessern und weiter zu lernen. Sie lernen nur noch für die Note.
2. Die Forderung, dass Fachwissen sei ja so wichtig, wird dazu automatisch zu Nichte gemacht. Denn auch wenn ich viele Themengebiete nicht verstanden habe, kann ich vielleicht durch eine gute Note das ganze Jahr „retten“. Das Wissen aus den anderen Teilbereichen brauch ich dazu aber nicht. Warum kann man das dann nicht gleich weglassen?
Hier können wir von Spielen lernen. Ein Level in einem Spiel kann ich so oft wiederholen, bis ich es geschafft habe. Ich komme aber auch nicht weiter ins nächste Level, bevor ich die nötigen Kompetenzen gut beherrsche. Gutes Gamedesign zeichnet sich dabei dadurch aus, das der Spieler bestimmte Sachen übt und wiederholt, die er in einem späteren Level wieder braucht.
Zeitgemäßes Lernen bedeutet daher für mich, Schülern die Möglichkeit zu geben, sich stetig in Themenfeldern zu verbessern, Fehler machen zu dürfen und Fortschritte auch in kleinen Bereichen zu honorieren. Dies kann z.B. mit der Methode „Win or Die“ umgesetzt werden. Die Zeit dafür könnte gewonnen werden, indem der Fachlehrplan in vielen Fächern „verkleinert“ oder individualisiert wird.
Genau deshalb können Lehrer und Schulen so viel von gutem Gamedesign lernen. Zeitgemäße Bildung ist für mich daher das Zurückbesinnen auf Situationen, in denen der Mensch gerne und in einem „Flow“ lernt: In Spielen.